
Test: Klickfix Bikepacking-Taschen
Test: Gravel Collective hat die neuen Klickfix-Bikepacking-Taschen von Rixen und Kaul ans Gravelbike montiert und ausprobiert.
Bock auf Bikepacking mit fest montiertem Träger, aber das Gravelbike bietet keine Anschraubpunkte? Die Marke Aeroe aus Neuseeland hat ein spannendes System entwickelt. Wir haben es ausprobiert.
Text: Jan Holbeck | Fotos: Tom Schlegel und Jan Holbeck | 24.05.2022
Der Sommer steht vor der Tür. Und das bedeutet für mich: Die Planungen für die Bikepacking-Touren sind in vollem Gange. Wesentlicher Aspekt: die passende Ausrüstung. Mache ich einen auf Kreditkarten-Luxus? Oder eher “back to the roots“ mit Zelt oder in einsamen Schutzhütten? Dann kommt schnell etwas mehr Gepäck zusammen. Vor allem, wenn für die ganze Nummer ein paar Tage eingeplant werden.
Bikepacking-Taschen gibt es mittlerweile viele. Spannende Systeme mit den verschiedensten Ansätzen. Doch wie wirkt sich das System auf das Fahrgefühl aus? Und wie komfortabel lassen sich die Taschen nutzen?
Nachdem ich auf meinem letzten Trip gefühlt mehrfach von meiner „Arschrakete“ überholt wurde, habe ich ein Auge auf fest am Rahmen montierte Alternativen geworfen. Aber was mache ich, wenn meinem Gravelbike die Gewindeösen fehlen, um die Träger zu befestigen? Genau hier kommt die Marke Aeroe aus Neuseeland ins Spiel. Und zwar mit ihrem Spider-System.
Diese Tragekonstruktion bietet unterschiedliche Lösungen zur Fixierung der Taschen. Die Basis bildet das Gestänge, welches an den Sitzstreben am Hinterbau befestigt wird. So ähnelt es einem Gepäckträger. Dabei wird die stabil wirkende Konstruktion mit insgesamt vier Zugbändern an den Streben fixiert. Aeroe spricht damit Radreisende an, denen keine Anschraubpunkte am Rahmen zur Verfügung stehen. Zusätzlich bieten die Neuseeländer eine Lenkerhalterung.
Das 120 Euro teure Grundsystem „Spider Rear Rack“ kommt direkt mit einer Spider-Aufnahme für eine Tasche daher. Optional können bis zu drei Halter an dem Gestänge montiert werden. Konkret entscheide ich mich für einen weiteren Spider sowie einen Quick Mount Pod. Dabei handelt es sich um eine Tasche, die mit einem Drehverschluss am Rack befestigt wird. Insgesamt kann ich so also drei Taschen am Heck unterbringen.
Die Tragekonstruktion selbst ist eine Verbindung der formschön gebogenen Metallstange und den Verbindungsteilen zum Rahmen, die aus speziellem Kunststoff gefertigt sind. Für die Stabilität sorgen verschiedene Werkstoffe.
Das Gestänge ist mit vier Edelstahlschrauben pro Seite an den Halteaufnahmen befestigt. Durch diese Bauart lässt sich die Konstruktion ziemlich leicht am Hinterbau ausrichten. Die Aufnahme selbst wird mit vier Haltebändern aus Nylon am Rahmen fixiert. Die Nylonstraps verfügen über Halteösen an den Enden und sind mit einer gummierten Schicht versehen. Die Auflagefläche der Halteaufnahme schließt mit einer geriffelten Gummifläche ab, um Halt zu geben und den Rahmen vor Kratzern zu schützen.
Zur Fixierung wird das System mit einer Inbusschraube gespannt. Der ganze Befestigungsvorgang ist in wenigen Minuten erledigt und das Tragegestänge sitzt fest. Dabei platziere ich die beiden Spider oben auf dem Rack sowie auf der Antriebsseite des Bikes. An der linken Seite, also über der Bremsscheibe, montiere ich den Quick Mount Pod.
An den drei Aufnahmen kommen die drei unterschiedlichen Aeroe-Taschen zum Einsatz.
Das Material der Heavy Duty Dry Bags wirkt recht dick und ein wenig steif. Es erinnert an die Struktur einer LKW-Plane und vermittelt einen sehr robusten Eindruck. Die Taschen werden durch Zusammendrehen der Oberseite mit einem Clip verschlossen. Seitlich befinden sich bei beiden Taschenausführungen zwei Schlaufen, durch die man die Gurte des Spiders führt. Das sitzt super und rutscht nicht. Wichtig: Aeroe empfiehlt für die Taschen eine Zuladung von maximal 4 Kilogramm.
Der Quick Mount Pod hingegen darf mit bis zu sieben Kilogramm beladen werden. Auch diese Tasche besteht aus starkem, widerstandsfähig wirkendem Material. Mit ihrer ovalen Form ist sie aber anders gestaltet als die Dry Bags. Die Konstruktion ist erhaben und wird mit einem wasserdichten Reißverschluss seitlich verschlossen. Dieser ist etwas schwergängig, dichtet optisch aber schon mal sehr gut ab.
Im Inneren des Pods befinden sich zwei Befestigungsgurte. Montiert wird er mit einem Drehverschluss, der mich an den Bajonett-Verschluss von Kameraobjektiven erinnert. Die Tasche wird auf den Verschluss aufgesetzt und durch Drehen verschlossen. Durch den oben platzierten Gurt lässt sich der Pod abnehmen oder in der Position verändern. Die überzeugt durch eine einfache Handhabung und festen Sitz.
Besonders praktisch und wichtig für die Sicherheit und Sichtbarkeit: Alle Taschen verfügen über reflektierende Logos und Aufschriften. Egal wie die Taschen sitzen, irgendwas reflektiert immer. Zudem lässt sich am Gestänge des Racks problemlos ein Rücklicht anbringen. Und zwar so, dass es auch stets gut zu sehen ist und nicht von den Taschen verdeckt wird.
Mein Kumpel Marc vom Gravel Club Rheinland hat die Taschen bei Gravel Land Murcia bereits am Rose Backroad ausprobiert. Jetzt bin ich dran, mit dem Härtetest in heimischen Gefilden. Sprich: Bei Touren durchs Rheinland und die Eifel.
Die Ausrichtung der Taschenkonstruktion ist einfach. Nur die Genauigkeit benötigt etwas Zeit, wobei die optimale Position schnell gefunden ist. Und so folgen die Taschen in meinem Fall dem Verlauf der Sitzstreben des Bikes. Damit pedaliere ich kontaktfrei. Um zu prüfen, ob mir das Packverhalten der Taschen zusagt, belade ich die Taschen mit allem, was ich für die Fahrt zur Arbeit brauche.
Neben Wechsel- und Regenkleidung findet auch mein Netbook in den Dry Bags Platz. Packt man die Klamotten mit einer Art Kompressionsbeutel, also in einem dünnen Sack mit Luftventil, bekommt man noch mehr Kleidung hinein. Dabei sollten natürlich die Gewichtslimits beachtet werden.
Den Kofferraum des Aeroe-Systems, also den Quick Mount Pod, bestücke ich mit meiner Brotdose und meiner täglichen Obstration. Dazu kommen Kleinkram und ein Fahrradschloss.
Schon während ich die Taschen anbringe, merke ich, wie das Gewicht am Heck wirkt und das Bike schwerfälliger wird. Eine ziemlich logische Folge der Zuladung. Aber entscheidend ist, wie sich das Mehrgewicht auf das Fahrverhalten auswirkt.
Was mich an den beliebten “Arschraketen“ oft stört, ist die seitliche Bewegung bei Kurvenfahrten oder im Wiegetritt. Ein plötzlicher Richtungswechsel oder eine scharfe Kurve können einen spürbaren Hieb zur Folge haben. Dieses Phänomen spüre ich mit dem Aeroe-System überhaupt nicht.
Die Touren zur Arbeit entpuppen sich als sehr angenehm. Es wirkt beinahe, als hätte ich einen richtigen Gepäckträger mit fest montierten Seitentaschen an Bord. Sprich: Ich spüre das Gewicht am Heck, aber es sitzt bombenfest. Auch die teils ziemlich rauen Schotterpisten, die ich auf den Fahrten mitnehme, bringen die Taschen nicht aus der Fassung. Keine Geräusche, keine Bewegung. Die Konstruktion sitzt fest und rutscht nicht.
Auch der eine oder andere Sprung vom Bordstein beeindruckt das System nicht. Wäre das Gewicht nicht, würde ich von den Packtaschen nichts spüren. Was mir zudem super gefällt, ist die absolute Ruhe. Denn nach meiner ersten Fahrt befürchtete ich ein Knarzen oder ähnliche Geräusche. Und ihr wisst genau: Nichts nervt mehr als solche Geräusche. Aber die Aeroe-Taschen bleiben still.
Von der Performance beeindruckt, verlängere ich die Rückfahrten von der Arbeit nach Hause bald um den einen oder anderen Trail durch den Wald. Dabei geht es über richtig ruppige Wege. Maximale Strapazen für mich – und die Taschen am Heck. Aber die Konstruktion sitzt weiter still und fest. Das einzige zu vernehmende Geräusch ist meine Brotdose, die im Pod mit meinem Multitool Tango tanzt.
Zum krönenden Abschluss des Tests bestücke ich die Taschen mit allem, was ich für eine Bikepacking-Tour brauche. Als Testroute dienen verschiedene Segmente, die ich traditionell zum Fahrwerkssetup meines Mountainbikes verwende. Die Runde durch die Rheinbacher Voreifel führt neben Schotter- und Waldwegen auch über Wurzelteppiche und kurze, knackige Trails.
Wollen wir doch mal sehen, ob wir das System nicht doch an seine Grenzen bringen. Klar, bergauf wirkt alles etwas schwerfälliger als ohne Taschen. Aber die Abfahrten sind ein wahrer Spaß. Mein Eindruck der Touren zur Arbeit bestätigt sich. Die Konstruktion macht weiter keinen Mucks und nach der ganzen Schütteltour sind alle Taschen noch genau da, wo ich sie auch montiert habe.
Ein richtig praktischer Nebeneffekt ist die Wirkung des Setups als Schutzblech. Die Testfahrten absolviere ich teils bei richtigem Mistwetter. Trotzdem bleibt mir der braune Schmodderstreifen am Rücken erspart. Den Taschen allerdings nicht, sie haben alles abgefangen. Was mich zum nächsten Check bringt.
Bislang konnte ich auf meinen Touren keinen Feuchtigkeitseintritt feststellen. Regen, Matsch oder Spritzwasser kamen nicht durch, der Inhalt meiner Taschen blieb trocken und sauber. Doch zum ultimativen Härtetest geht es jetzt in die Waschanlage und zum gefürchteten Hochdruckreiniger.
Nach der Dusche mit ordentlich Druck zeigt sich im Inneren der Taschen: nichts. Sie sind absolut trocken. Auch der Reißverschluss des Pods hält dicht. Lediglich am kleinen Dry Bag, den ich nur halbherzig gewickelt habe, stelle ich an der Öffnung einen leichten Feuchtigkeitsfilm fest. Aber da waren ohnehin nur meine Regensachen drin. Hätte ich die Tasche gewissenhaft verschlossen, wäre selbst diese Stelle trocken geblieben. Heißt aber auch: Die Heavy Duty Dry Bags müssen mit etwas Druck und mindestens drei bis vier Wicklungen verschlossen werden.
Wieviel Laderaum bietet das Aeroe-System in Relation zum Gewicht? Wir haben es mit den Systemen anderer Hersteller verglichen. Dabei haben wir verschiende Sets aus Lenker-, Rahmen- und Satteltaschen sowie ein Set mit Gepäckträger, Seitentaschen und Satteltasche aufgelistet.
Hersteller | Setup | Volumen | Gramm/Liter | Preis | |
---|---|---|---|---|---|
Aeroe | Spider Rear Rack, 2x Spider Cradle, 11l Heavy Duty Dry Bag, 8l Heavy Duty Dry Bag, Quick Mount Pod | 35 l | 2750 g | 78,6 | 440 € |
Apidura | Expedition Saddle Pack, Handlebar Pack, Frame Pack | 35,5 l | 870 g | 24,5 | 369 € |
Cyclite | Frame Bag, Saddle Bag, Handle Bar Roll | 28,3 l | 664 g | 23,5 | 400 € |
Ortlieb | Seat-Pack QR, Handlebar-Pack QR, Frame-Pack Toptube | 28 l | 1325 g | 47,3 | 420 € |
Ortlieb | Seat-Pack, Handlebar-Pack, Frame-Pack Toptube | 35,5 l | 1046 g | 29,5 | 400 € |
Ortlieb | Quick Rack Light, Gravel Pack, Seat-Pack QR | 36 l | 2225 g | 61,8 | 355 € |
Topeak | Backloader, Frontloader, Midloader | 27,5 l | 1139 g | 41,4 | 230 € |
Was uns am Aeroe Spider Rack gut gefallen hat und was eher nicht? Hier verraten wir es euch.
+ einfache Montage
+ sicherer Sitz
+ keine Geräuschentwicklung
+ kein Aufschaukeln
+ sehr wertige Verarbeitung
- vergleichsweise schwer
- recht teuer
- Reißverschluss etwas schwergängig
"Aeroe aus Neuseeland liefert mit dem Spider-System eine clevere und überzeugende Lösung - nicht nur für Räder ohne Anschraubpunkte. Beim abschließenden Check sitzen alle Halter und das Gestänge selbst fest und sicher am Rad. Nach der Demontage weist der Rahmen an den Kontaktstellen keinerlei Blessuren auf. Und die Taschen selbst konnten während der zahlreichen Testfahrten in allen Belangen überzeugen. Sprich: ein durchdachtes, stabiles, hochwertiges und zuverlässiges System. Nur das vergleichsweise hohe Eigengewicht des Systems fällt negativ, nun ja, ins Gewicht."
Über diesen Link kannst du die Aeroe-Taschen im Online-Shop von Rose Bikes kaufen. Wir erhalten dabei eine Provision, um unsere Arbeit zu finanzieren. Also räumt am besten den ganzen Laden aus! ;-)
Ganz klar: Ohne Support auch aus der Fahrradbranche können wir die Idee des Gravel Collectives nicht leben. Aber uns ist es wichtig, euch darüber zu informieren, wo und wie wir unterstützt werden. Wir spielen mit offenen Karten.
Konkret hat uns Traffic Distribution als Aeroe-Vertrieb für Deutschland für diesen Artikel ein Bikepacking-Set kostenfrei für den Testzeitraum überlassen und sich finanziell am Fotohonorar beteiligt. Auf die Inhalte und Abläufe hatte Traffic Distribution keinerlei Einfluss.
Andere Artikel, die für dich spannend sein könnten:
Test: Gravel Collective hat die neuen Klickfix-Bikepacking-Taschen von Rixen und Kaul ans Gravelbike montiert und ausprobiert.
Handarbeit "Made in England" im Schotter-Test. Ob uns die Bikepacking-Collection von Restrap überzeugt hat, erzählen wir euch hier.
Das Ortlieb Quick Rack Light ist eine schneller Gepäckträger für Gravelbike, Bikepacking und mehr. Wir haben das System ausprobiert.
Wollt ihr auf dem Laufenden bleiben, was Events angeht? Dann abonniert unseren Gravel-Newsletter.