Lightweight PFADFINDER EVO

Der High-End Gravel-Laufradsatz im Schotter-Check

30.01.2023 | Text: Lisa Damminger | Fotos: Lightweight

Ein High-End Carbonlaufradsatz für das Gravelbike: Lisa hat sich einen persönlichen Eindruck davon verschafft, was der Wechsel von Alu-Laufrädern zum Pfadfinder Evo bewirken mag. 

Der Pfadfinder Evo ist das Gravel-Laufrad aus dem Produktportfolio von Lightweight. Die Vollcarbon-Laufräder versprechen durch das Pentagon-Naben-System höchste Bremspräzision bei gleichzeitig großem Fahrtkomfort. So sind auch die Speichen aus Carbon gefertigt und entstehen in einem Guss mit der Felge. Dadurch soll sich das Rad kaum noch verwinden. 1430 Gramm Gesamtgewicht bringt der Disc-Laufradsatz auf die Waage. Anders als die komplett handgefertigten Rennradlaufräder, wird der Pfadfinder teilautomatisiert hergestellt und ist dadurch preislich etwas erschwinglicher. Trotzdem beginnt der Preis für einen Laufradsatz bei stolzen 3.780 Euro.

Unboxing

Als das Lightweight-Paket bei mir ankommt, bin ich aufgeregt. Die Marke ist bekannt und Freunde schwärmen von den handgefertigten Laufrädern des deutschen Unternehmens. Ich selbst habe Lightweights bislang nur aus der Entfernung bestaunt. Die Preise der High-End-Laufräder sind hoch und liegen sogar über dem Anschaffungspreis meines Gravelbikes. Um so mehr freue ich mich über die Gelegenheit, die Pfadfinder Evo zu testen.

Bereits das Auspacken der Laufräder ist ein echtes Erlebnis. Sie sind wertig verpackt und gut gesichert. In einer schwarzen Tasche befindet sich neben Ventilverlängerungen und einem weiteren Freilaufkörper auch ein Manual. Normalerweise werden die Laufräder natürlich mit passenden Freilaufkörpern verkauft. Da es sich hier um Testprodukte handelt, ist die Zubehörtasche umfangreicher bestückt. Als ich das erste Laufrad aus dem Karton hebe, bin ich überrascht, wie leicht es tatsächlich ist. Die gesamte Verpackung wiegt mehr als der Laufradsatz selbst.

Optik

Nachdem ich die Schutzkappen von der Nabe entferne, zeigen sich die Pfadfinder in ihrer vollen Pracht. Die Felgen und Speichen sind aus mattem Carbon. Der Lightweight-Schriftzug prangt im Signature-Stil auf der Felgenflanke, während daneben in schlichten schwarzen Großbuchstaben PFADFINDER zu lesen ist. Die Nabenflansch ist besonders auffällig und auch hier steht in schwarzer Schrift und auf weißem Untergrund der Modellname. Besonders angetan bin ich von den Speichen, denn so etwas habe ich bislang noch nicht gesehen. Es gibt keine Speichennippel, denn die Speichen sind integriert und gehen direkt in die Felge über.

Auch die Speichen sind aus Carbon und gehen direkt in die Felgen über.

Montage

Bevor ich die Pfadfinder testen kann, müssen sie natürlich fahrtüchtig gemacht werden. Ich hole also die Laufräder vom Rad und demontiere Kassette und Bremsscheiben. Mit Kettenpeitsche, Ratsche und einer passenden Nuss ist das schnell erledigt. Auf dem Rad ist eine Shimano-Gruppe verbaut und ich sehe, dass der Freilauf auf den Pfadfindern nicht passen wird. Unter dem mitgelieferten Zubehör befindet sich glücklicherweise der richtige Freilaufkörper, sodass der Umbau problemlos weitergehen kann.

Obwohl der Laufradsatz als tubeless ready deklariert ist, entscheide ich mich, meine Maxxis Receptor-Reifen mit Schlauch zu fahren. Die Laufräder sind schließlich nur zum Testen hier und ich möchte nach Ablauf des Testzeitraums nicht noch Milchrückstände vom schönen Carbon kratzen müssen.

Die von mir gewählten Reifen sind 40 Millimeter breit und erreichen damit das von Lightweight gesetzte Limit. Die Pfadfinder haben mit 18,2 Millimetern eine vergleichsweise geringe Maulweite. Das schränkt die Wahl des Reifens allerdings ein. Ich selbst fahre sonst Cross-Reifen, daher sind 40er Reifen für mich breit genug und störe mich nicht an der Einschränkung.

Der Reifen selbst springt überraschend leicht auch die Felge. So leicht, dass ich aus Neugier einen anderen Mantel hole und probehalber aufs Laufrad ziehe. Auch hier zeigt sich: Das geht alles viel zu einfach! Natürlich gibt es Felgen und Mäntel, die mal besser und mal schlechter harmonieren und vielleicht habe ich einfach nur Glück – in der Vergangenheit hatte ich aber auch schon andere Erfahrungen gemacht. Da wollten Mäntel einfach nicht auf die Felge springen. Bei widrigen Umständen oder bei Minusgraden graut es mir dann vor einem Platten unterwegs. Müde Daumen und gebrochene Finger haben mir meine Testversuche mit den Pfadfindern glücklicherweise nicht beschert. Die Laufräder wandern auf das Rad und es kann losgehen!

Die erste Fahrt

Zugegebenermaßen bin ich vor der ersten Nutzung beinahe etwas ängstlich. Graveln bedeutet in meinem Fall zumeist, dass ich abenteuerliche hike-a-bike-Touren plane, auch mal knöcheltief im Matsch versinke und den ein oder anderen Trail mitnehme. Bislang habe ich weder Laufräder noch Speichen kaputt gemacht, aber die Sorge eine der integrierten Carbon-Speichen zu zerbrechen, steigt vor der ersten Fahrt mit mir aufs Rad – um dann glücklicherweise in Windeseile zu verpuffen.

Für die erste ausgiebige Testfahrt haben wir uns einen regnerischen Tag auserkoren. Feld- und Schotterwege sind durch die Niederschläge der vorangegangenen Tage aufgeweicht, Wurzeltrails sind rutschig und im Wald sieht man kaum, welche Überraschung der Boden unter dem Laub bereithält. Kurzum: Optimale Testbedingungen!

Bevor es ans Eingemachte geht, müssen sich die Pfadfinder jedoch auf der Straße behaupten. Hier ist der Unterschied bestechend und unmittelbar zu spüren. Das liegt vor allem an der Gewichtsreduktion. Zuvor war ich mit Schwalbe Ultrabites und Alulaufrädern unterwegs, einer robusten, aber schweren Kombination. Das Rad ist mit den Pfadfindern gute anderthalb Kilogramm leichter und das merke ich. Auch auffällig ist der Vorwärtsdrang, den das Rad plötzlich mitzubringen scheint. Im Gegensatz zu meiner vorherigen Anker-Kombi kennen Semislicks und Carbonschlappen nur eine Richtung – nach vorne. Vor allem komme ich bei Antritten leichter von der Stelle, das spiegeln auch die Daten meines Radcomputers wider. Die Kraftübertragung wirkt direkter. Beim Versuch, Druck auf die Pedale zu bringen, merke ich, dass die Pfadfinder ganz anders unter mir arbeiten, als es bei den Alulaufrädern der Fall war. Das ist also diese Steifigkeit, von der immer alle sprechen.

Bevor ich das Rad auf den ersten Schotterpfad lenke, sind wir einige hundert Meter mit starkem Seitenwind auf freier Flur unterwegs. Der Wind hier in Norddeutschland ist nicht zu unterschätzen. Bei geringem Systemgewicht muss man sich manchmal wirklich ins Zeug legen, um gerade auf dem Rad sitzen zu bleiben. Die 36 Millimeter hohen Felgen sind zwar nicht extrem hoch, aber dennoch mehr, als ich zuvor gefahren bin. Hinzu kommt, dass das Rad bedeutend leichter ist. Wieder einmal zeigt sich jedoch, dass meine Befürchtungen unberechtigt sind. Die Felgen sind wenig beeindruckt vom Seitenwind und ich wehe trotz meines fehlenden Alu-Bodenankers nicht davon.

Eine Richtung: Vorwärts

Präzision und Fahrtkomfort sollen die Laufräder auch mitbringen. Zwei Eigenschaften, die sie auf Schlaglochpisten, Matschfeldern und technischen Trails unter Beweis stellen dürfen. Nach der ersten Fahrt kann ich persönlich nicht sagen, dass der Komfort besser ist, sondern empfinde das Fahren viel mehr als grundsätzlich anders. Zuvor war ich tubeless mit viel Profil, recht wenig Luftdruck und Alu-Laufrädern unterwegs. Das war durchaus bequem, lässt sich aber schwer mit der Performance der Lightweight/Receptor.Kombination vergleichen. Die Räder fühlen sich härter an, das merke ich vor allem auf laubbedeckten Waldwegen und Trails. Auch die Landung nach einem ersten Bunny Hop, vielleicht war es eher ein Schweine Hop, ist härter als erwartet. Trotzdem sind die Laufräder ausgesprochen gnädig und verzeihen technische Fehler und Unachtsamkeiten mühelos. Nach einem Ortsschildsprint aus einem Feldweg heraus, übersehe ich zum Beispiel eine Bodenkante und nehme diese unsanft mit. Während mein Kopf von Durchschlag bis Felgenriss sämtliche Katastrophenszenarios durchdenkt, rollen die Pfadfinder unbekümmert weiter. Ganz so, als wollten sie den Sprint noch gewinnen.

Um mir eine abschließende Meinung zu bilden, brauchte ich weitere Ausfahrten und ein paar Experimente in Sachen Luftdruck. Als ich hier meinen Wohlfühlbereich gefunden habe, ist die Balance zwischen Komfort und Performance unschlagbar.

Auch in Sachen Fahrpräzision empfinde ich die Pfadfinder erst einmal als einfach anders. Nichts am Fahren ist schwammig oder vage. Die Laufräder scheinen endlos geradeaus zu laufen, sofern man nicht klar den Impuls zum Richtungswechsel anzeigt. Dieser wird dann blitzschnell und sauber ausgeführt. Fast schon mit militärischer Präzision lassen sich die Pfadfinder durch Wurzelteppiche navigieren und halten auch auf matschigen Wegen die vorgegebene Spur. Sogar banales Kurvenfahren fühlt sich irgendwie anders an. Ich mag dieses „Anders“ sehr, nachdem ich mich einmal daran gewöhnt habe.

Insgesamt bewegen sich die Pfadfinder auf jeder Art von Untergrund souverän. Ich kritisiere viel und gerne, muss aber sagen, dass die meisten meiner Bedenken schnell zerschlagen wurden. Komfort, Präzision, Performance – diese Eigenschaften stellen die Pfadfinder im Schottercheck unter Beweis.

Fazit

Böse Zungen behaupten, dass man auch ohne Laufräder dieser Preisklasse glücklich werden könne. Dem will ich gar nicht widersprechen, denn das geht auf jeden Fall. Dennoch haben mich die Pfadfinder überzeugt und ich würde sie mir wohl anschaffen, wenn meine finanzielle Situation dies erlauben würde.

Die Laufräder verändern sowohl das Fahrgefühl als auch das Fahren selbst. Das kann ich auch als Laufrad-Laie, also ohne vertiefte Fachkenntnisse, sagen. Die Pfadfinder sind super steif, gehen vorwärts und bei spritzigen Antritten fühlt es sich so an, als würde ich davonfliegen. Zur angepriesenen Bremsperformance bei langen Abfahrten kann ich aufgrund des Tests im Norddeutschen Flachland wenig sagen. Gegen andere Extreme haben die Pfadfinder sich - gerade in Sachen Untergrund - vortrefflich behauptet. Meine anfängliche Sorge, dass ich die schönen Laufräder kaputt machen könne, ist schnell dem unbekümmerten Spaß am Fahren gewichen. Die Laufräder funktionieren, machen Spaß und sind optisch ein wahrer Hingucker.

Mehr Infos gibt es direkt bei Lightweight

Daten und Fakten
MaterialVollcarbon
BremssystemDisc
Gewicht1430 Gramm (Laufradsatz)
Felgenhöhe36 Millimeter
Felgenbreite außen24 Millimeter
Maulweite18,2 Millimeter
Zulässige Reifenbreite23-40 Millimeter
Speichenanzahl20
NabeHauseigene Octagon-Technik mit Innenleben von DT Swiss
FreilaufAustauschbarer Rotor für Campagnolo, Shimano und SRAM

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