Im Schottercheck: SRAM Apex AXS

Frühjahrsputz fürs Gravelbike – mechanisch runter, elektronisch drauf!

26.04.2024 | Text: Lisa Damminger | Fotos: SRAM & Lisa Damminger

Die Tage werden länger und der Sommer naht mit großen Schritten. Das verspricht lange Gravel-Touren und neue Abenteuer. Am besten hat man dafür ein funktionstüchtiges Bike, aber über den Winter stauen sich erfahrungsgemäß allerhand Wartungsarbeiten auf. Es ist also höchste Zeit für einen „Frühjahrsputz“, denn wer sein Rad jetzt auffrischt, hat im Sommer länger Freude daran. So frisch wie der Frühling ist die SRAM Apex AXS nicht mehr, aber seit ihrem Release Mitte 2023 haben wir die Schaltgruppe auf der Mattscheibe. Jetzt wollten wir wissen, was die günstigste elektronische Schaltgruppe von SRAM kann. Lohnt es sich, auch im unteren Preissegment auf eine elektronische Schaltgruppe umzusteigen? Lisa hat im Zuge ihres Bike-Kehraus die mechanische Rival an ihrem Trek Crockett durch die Apex AXS ersetzt und hat die Schaltgruppe mittlerweile intensiv getestet.

Daten – Zahlen – Fakten

SRAM hat 2023 die frühere Rennrad-Gruppe Apex wiederbelebt und damit frischen Wind in die Gravel-Welt gebracht. Die Apex AXS ist eine geländetaugliche, preisgünstige elektronische Schaltgruppe, die eine unkomplizierte Bedienung und präzise Gangwechsel verspricht. Die 1x12 Gruppe ist im XPLR-Setup oder als Mullet Setup mit Apex Eagle Schaltwerk und MTB-Kassette erhältlich. Insgesamt gliedert sich die Apex in die bestehende AXS-Welt ein, so dass sie auch mit anderen Komponenten kompatibel ist. Durch diese „Mix and Match“-Optionen sind die SRAM-Komponenten mit AXS-Funktion besonders flexibel zu kombinieren.

Im Überblick:

  • 1x12 Schaltgruppe
  • 12-fach Kassette (11-44) für Shimano HG-Freiläufe
  • Apex AXS XPLR Schaltwerk (geeignet für folgende Kassetten: 10-36, 11-44, 10-44)
  • Apex AXS Eagle-MTB Schaltwerk (geeignet für folgende Kassetten: 10-50, 10-52)
  • Powermeter*-Optionen zum Nachrüsten sind komplett kompatibel mit AXS-Produkten
  • Apex AXS XPLR*: 1.371 Euro, 2.900 Gramm
  • Apex AXS Eagle: 1.456 Euro, 3.191 Gramm

Die SRAM Apex AXS an Lisas Trek Crockett.

Der Umbau – eine Step-by-Step Bastelanleitung

Bevor die nagelneue Apex ans Rad kommt, muss die alte Rival aber erst einmal runter. An meinem Trek Crockett ist eine mechanische SRAM Rival verbaut, die in jüngster Vergangenheit leider nicht mehr ganz sauber geschaltet hat. Zunächst stehe ich ahnungslos vor meinem Rad und dem SRAM-Karton, der mit allerhand Teilen gefüllt ist. Natürlich habe ich schonmal Komponenten gewechselt, aber eine ganze Schaltgruppe noch nie. Wo fängt man da an?

Ich entscheide mich für einen Schnellstart aus dem Bauch und beschließe aus Ermangelung eines Montageständers mit den „einfachen“ Arbeitsschritten zu beginnen: Das Rad stelle ich auf den Kopf und nehme die Laufräder heraus. Bremsscheiben und Kassetten haben ich schon häufig getauscht also fange ich gleich damit an. Die MTB-Kassette mit 10 bis 50 Zähnen gleicht einem riesigen Pizzateller und bringt ordentlich Gewicht mit sich. Ich bin skeptisch, freue mich aber darüber, dass ich so schnell voranschreite.

Als nächstes hole ich die Kurbel unter Einsatz sämtlicher Leibeskräfte vom Crockett und freue mich darüber, gleich den richtigen Lagerschlüssel zur Hand zu haben. Da, wo sich zuvor das Tretlager befand, entdecke ich eine undefinierbare Mischung aus Dreck und Sand, weshalb ich mich im nächsten Schritt entscheide, Putzzeug parat zu legen, bevor ich mich den Bremssätteln widme. Nachdem ich diese abgeschraubt habe und sie traurig an den Leitungen zu Boden hängen, mache ich mich ans Putzen. So ein Umbau ist die perfekte Gelegenheit, das Fahrrad mal in allen Ecken gründlich zu putzen, an die man sonst kaum rankommt.

Die SRAM Apex AXS in der Mullet-Ausführung mit Eagle-Schaltwerk.

Einfacher als befürchtet

Für den kommenden Tag kann ich mir glücklicherweise einen Montageständer ausleihen. Damit gestaltet sich das Werkeln entschieden leichter – und auch rückenfreundlicher. Bei einem Blick auf mein vermacktes Schaltwerk wundere ich mich nicht mehr über die kritische Schaltperformance der Rival. Das Bike hat in den Jahren viel gesehen und neben Bikepacking-Abenteuern und Crossrennen auch einige Stürze mitmachen müssen. Ich werfe noch einen kontrollierenden Blick auf das Schaltauge, denn das muss in Schuss sein, wenn das neue Schaltwerk montiert wird. Da hier alles fein ist, wickle ich das Lenkerband ab, löse die Hoods und hole die Züge aus dem Rahmen.

Nackig hängt das Crockett vor mir und ich weiß: jetzt wird es ernst. Ich habe tatsächlich Bedenken, mich ganz allein um die Bremsen zu kümmern und will nichts falsch machen. Mit einem neu erstandenen Entlüftungskit für SRAM – da braucht es DOT und nicht Mineralöl wie bei Shimano – mache ich mich auf den Weg zu einem Freund, der seine Hilfe angeboten hat. Gemeinsam befestigen wir die Hoods und die neuen Bremssättel – auch das wieder komplett stressfrei mit den richtigen Tools an der Hand. Vor den Bremsen graut uns beiden, denn er hat von Bekannten gehört, wie schwierig sich damals die Montage hydraulischer SRAM-Bremsen gestaltet hätte. Mit dem Wort Case-Szenario im Hinterkopf schauen wir uns ein Video von SRAM an und stellen verwundert fest, dass die Theorie ganz einfach aussieht. Noch erstaunter sind wir, als sich die Praxis nicht minder unkompliziert gestaltet. Er übernimmt die erste Leitung und ich kümmere mich um die zweite: Leitung kürzen, Olive drauf und ab damit in den Schaltbremshebel. Fertig. Das Leitungsbefestigungssystem mit dem klingenden Namen“ Stealth-a-majig“ macht die Montage zu einem Kinderspiel.

Auch erhältlich: Die Apex AXS XPLR-Variante mit kleinerer Kassette.

Die neu designten Schalt-/Bremshebel der Rival liegen gut in der Hand.

Tretlager ist nicht gleich Tretlager

Als wir uns der Kurbel und dem neuen Tretlager widmen wollen, merke ich, dass ich einen Fehler gemacht habe. Das neue Lager, was ich aus dem Karton hole, ist ein Pressfitlager. Für mein Rad braucht es ein Innenlager mit Schraubgewinde. Bei der Durchsicht der Artikelnummern auf dem Lieferschein war ich unachtsam gewesen. Für den Moment kommen wir also nicht weiter. SRAM stellt online dankenswerterweise umfassende Datenblätter zur Verfügung. Dadurch finde ich schnell das richtige Lager für mein Rad und kann es nachbestellen.

Da die Kurbel ohne das passende Lager weiter im Karton bleiben muss, schrauben wir zumindest schon einmal das Schaltwerk an. Das Eagle Schaltwerk wirkt auf den ersten Blick ziemlich klobig, dafür aber auch stabil. Den Akku hatte ich zuvor bereits geladen und klicke ihn – anfangs recht unbeholfen – am Schaltwerk ein. Wir installieren die SRAM AXS App, koppeln Schalthebel und Schaltwerk nach Anleitung und schauen uns das Ganze anschließend in der App an. Soweit so gut, jetzt habe ich zumindest ein kurbelloses Laufrad mit schicker Schaltgruppe.

Der weitere Umbau zieht sich leider in die Länge. Erst lässt das Lager auf sich warten, dann ist auf der Arbeit zu viel los und so schaue ich jeden Tag traurig auf mein halbfertiges Fahrrad. Als ich endlich loslegen kann, stelle ich fest, dass ich nicht den passenden Lagerschlüssel für das nun richtige Innenlager habe. Es beginnt eine Odyssee, bei der ich stetig neue Lagerschlüssel von Bekannten und Freunden auftreibe, nur um dann festzustellen, dass sie nicht passen. Nach dem sechsten Misserfolg beiße ich in den sauren Apfel und bestelle das Original SRAM Tool. Als das endlich kommt, geht der Umbau jedoch weiter wie bisher: unkompliziert und schnell. Mit der Anleitung auf dem Schoß, bugsiere ich nach Feierabend auf meinem Wohnzimmerboden das neue Lager ins Crockett, montiere dann Kurbel und Kette. Mein Smartphone mit der AXS App habe ich gleich im Anschlag, um die Schaltung einzustellen. Die läuft aber direkt einwandfrei und erfordert nicht einmal eine manuelle Nachjustierung.

Die Bresen packen kräftig und sind gut dosierbar.

Die Apex gibt es nur mit einem Kettenblatt vorne.

Über Stock und Stein: der (Härte-)Test

Vor der ersten Ausfahrt muss ich mir die Schaltlogik ins Gedächtnis rufen. Obwohl ich auch vorher eine einfache Gruppe gefahren bin und es somit vorne nichts zu schalten gab, läuft es mit der Apex etwas anders. Es gibt keinen DoubleTap am rechten Schalthebel wie bei der mechanischen Rival sondern einen Schaltknopf auf der rechten und einen auf der linken Seite; einen zum runter- und einen zum hoch schalten. Die Schalter sind groß, also auch dann kaum zu verfehlen, wenn es mal unwegsam wird. Auch die Bremshebel sind gut zu erreichen und insgesamt liegen die Hände bequem auf den Hood auf. Diese sind wesentlich kleiner und runder als die der alten Rival – mir persönlich sagt das zu.

Den ersten Praxistest erfährt die Apex bei einer Spielrunde im Wald. Ein Freund, der technisch sehr versiert ist und auch mal mit dem Stadtrad über Trails rauscht, die andere mit dem Mountainbike bestreiten, fragt, ob ich ihn begleiten mag. Die Chance ergreife ich, denn ich weiß, dass dieser Ausflug nicht nur fordernd für mich, sondern auch für das Bike werden könnte. Hier im Norden muss man die Höhenmeter eher suchen, als dass sie sich einem aufdrängen, aber mein Freund kennt die richtigen Routen: Im Wald nehmen wir kleine technische Uphills, mit, strampeln knackige Rampen hoch, kämpfen uns durch Schlammlöcher und machen Strecke auf Schotter. Während ich beim Umbau meines Crocketts noch skeptisch war hinsichtlich des großen 10-50er Pizzatellers an meinem Hinterrad, bin ich nun dankbar für jeden Zahn. Tatsächlich benötige ich bei der Tour jedes Ritzel. Das Eagle Schaltwerk tut, was es soll und ich kann mir vorstellen, dass sich so ein Mullet-Setup auch bei Bikepacking Touren bewährt. Das Schaltwerk zeigt sich robust, nicht nur in Anbetracht des Drecks sondern auch nach einem raueren Sturz, den mir eine Unachtsamkeit beschert. Dabei falle ich auf die rechte Seite und das Schaltwerk schlägt unsanft auf. Während ich einen blauen Fleck kassiere, zeigt sich das Schaltwerk unbeeindruckt.

Fertig! Die SRAM AXS...

...in der Mullet-Edition...

... an Lisas Trek Crockett.

Härtetest beim Red Bull Aufsatteln

Den nächsten Härtetest erfahren Apex, Crockett und mein Körper beim „Red Bull Aufsatteln“. Die Veranstaltung ist eher ein Cross-Event und der Kurs lässt mich schnell erahnen, dass ich hier kaum alle Gänge ausreizen werde. Die Gangsprünge sind bei dem aktuellen Setup größer als ich es gewohnt bin und ich stelle fest, dass das für mich sogar von Vorteil ist. Ich fahre nämlich mit deutlich höherer Kadenz als bisher und bin damit gut unterwegs. Die Apex bewährt sich unterdessen mal wieder, und das trotz meines schnellen und teils unsanften Schaltens vor matschigen Passagen und in Schikanen. Auch nach der achten Runde auf der Strecke und nachdem jede Menge Dreck und Schlamm am Antrieb heften, arbeitet sie souverän.

Vor der Veranstaltung habe ich den Akku übrigens zum ersten Mal seit dem Umbau geladen – nicht weil das nötig gewesen wäre, sondern wegen meines Misstrauens gegenüber elektronischen Schaltungen. Das baue ich mit der Apex langsam aber sicher ab, denn die Angaben in der App sind wirklich präzise. Wie lange der Akku insgesamt hält, kann ich nicht sagen, es muss jedoch lange sein.

Das Fazit

Die SRAM Apex AXS überzeugt auf ganzer Linie. Die Schaltperformance ist präzise und zuverlässig. Die Integration der Eagle-Komponenten ermöglicht die maximale Bandbreite an Setups für allerhand Abenteuer. Die Bremsen packen energisch und im Gelände bieten die Hoods der Schaltbremshebel guten Komfort. Der Umbau der Schaltgruppe gestaltet sich mit Vorbereitung unkompliziert. SRAM stellt dafür Handbücher und Videos online zur Verfügung. Ein bisschen Know-how sollte man in Sachen Schrauben aber mitbringen und auch die richtigen Werkzeuge sollte man zur Hand haben. Die Schaltgruppe ist erschwinglich, ganz gleich in welcher Ausführung. Deshalb würde ich mir ein Neurad mit Apex AXS definitiv anschaffen. Den Umbau an meinem Bike habe ich nicht bereut. Beim Crossen, Graveln und Bummeln hat sie sich bewiesen und ich schätze, dass sie auch beim Bikepacking eine gute Figur macht. Die Apex ist ein preiswertes Upgrade, das Spaß bringt!

Jetzt kaufen

Über diesen Link kannst du die SRAM Apex AXS im Online-Shop von Bike Components kaufen. Wir erhalten dabei eine Provision, um unsere Arbeit zu finanzieren. Also räumt am besten den ganzen Laden aus! ;-)

Mit offenen Karten

Ganz klar: Ohne Support auch aus der Fahrradbranche können wir die Idee des Gravel Clubs nicht leben. Aber uns ist es wichtig, euch darüber zu informieren, wo und wie wir unterstützt werden. Wir spielen mit offenen Karten. SRAM hat Lisa die Schaltgruppe und noch weitere benötigte Teile zur Verfügung gestellt, die sie kostenfrei behalten darf. Auf die Berichterstattung hat SRAM keinen Einfluss.

* Wir nutzen sogenannte Affiliate-Links. Wenn ihr auf einen mit "*" markierten Link klickt und etwas kauft, erhalten wir eine Vermittlungsprovision. Das hilft uns, unsere Arbeit zu finanzieren und ist für euch keinen Cent teurer.


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